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AutorenbildHasret Mutlu

Ultra Trail Lauf und ultra stolz

Aktualisiert: 15. Jan. 2021

Nach 8 Wochen strukturiertem Training, Euphorie und Freude auf einen realen Wettkampf in Corona-Zeiten, wurde der geplante Ultra-Trail-Lauf „BearTrail“ mit 58km und 1600HM von Bearsports, der durch Belgien und die Niederlande geht, eine Woche vorher verständlicherweise abgesagt. Es sollte eigentlich mein erster offizieller Ultra-Lauf werden.

Trotzdem habe ich es mir nicht nehmen lassen, den Lauf für mich selbst als „Event“ stattfinden zu lassen. Meine Trail-Buddys und Freunde Carsten und Kajetan waren ebenfalls für den Lauf angemeldet und mussten die Absage akzeptieren. Jedoch stand für uns schnell ein Plan B fest.


Einruhr - Eifel


Da wir alle in der Nähe der Eifel wohnen, war schnell klar, wo wir unseren Lauf machen werden. Wir sind schon öfters in der Eifel gelaufen und haben uns deshalb dazu entschlossen unseren Lauf in Einruhr zu starten. In Einruhr hat man nämlich tolle Aussichten auf den Rursee, wunderschöne Trails und ganz schön viele Höhenmeter mit steilen Anstiegen.

Blick auf Einruhr

Die Verpflegung haben wir selbst organisiert. Ein Auto stand in Einruhr und ein weiteres Auto mit Verpflegung haben wir in Rurberg stehen lassen, da uns unsere Strecke dort entlangführen sollte und es von der Distanz gut gepasst hat.



Morgendämmerung und der Start

5:30 Uhr Samstagmorgen und der Wecker klingelt. Total verschlafen, aber in Sekundenschnelle bin ich wach und springe aus dem Bett. Heute ist der Tag, auf den ich hintrainiert habe. 60km laufen… wow!

Meine Sachen für den Lauf und die Verpflegung hatte ich am Abend vorher schon rausgelegt und vorbereitet. Ein Kaffee und eine kleine Schüssel Porridge, dann kann es losgehen.

Letzter Check, ob ich nichts vergessen habe und ich merke, dass ich mit der Verpflegung, die ich mitnehme wahrscheinlich dreimal so lange laufen könnte. Aber besser mehr als zu wenig und das vor allem bei so einem langen Lauf.

Im Dunkeln ging es gemeinsam mit Carsten nach Rurberg, wo wir uns mit Kajetan trafen. Schnell haben wir einige Sachen umgeladen, da ein Auto als Verpflegungsauto dort stehen bleiben sollte. Hier würden wir später ungefähr bei km 42 ankommen und dann noch 18 km vor uns haben. „Oh man, das wird was“, dachte ich mir.

Langsam wurde es auch schon hell und wir begaben uns nach Einruhr weiter, um von dort aus unsere kleine Reise durch die Natur zu starten. Angekommen in Einruhr machten wir uns startklar. Der Plan war, dass wir als erstes eine 16km Runde laufen. Dann wieder am Auto in Einruhr ankommen, um die zweite Runde von 44km rund um den Rursee und der Urft auf den Trails zu starten. Wir haben die Aufteilung der Strecke aufgrund der Verpflegung extra so gewählt. Zudem konnten wir den Lauf für uns selbst in Etappen aufteilen, was mental unheimlich hilft.

Die Idee für die Strecken kamen aus dem Buch „Trailrunning-Guide Nordeifel“.

Auf der ersten Runde hat uns ein guter Freund von mir begleitet, der seinen ersten Trail-Lauf gemacht hat. Danke Thilo, dass du mit dabei warst! Es freut mich immer wieder zu sehen, wie begeistert die Leute von Trailrunning sind. Das erinnert mich auch immer wieder an meinen ersten Lauf auf Trampelpfaden.

Die 16km vergingen wie im Flug. Eine schöne Quasselrunde und der perfekte Einstieg in einen sehr langen Lauf.



Die Ultra-Runde


Die zweite Runde mit 44km war deutlich länger. Bis zum Verpflegungsauto waren es ca. 28km. Mental dachten wir alle auch nur an die nächsten 28km, um dann eine kurze Essenspause zu machen. Ein Ultra-Lauf erfordert eine große mentale Stärke. Das große Ziel in kleine Etappen aufzuteilen, hilft dem Kopf und dem Körper, diese Distanz leichter zu bewältigen. Es ist für mich faszinierend zu sehen, wie sehr dies das Leben widerspiegelt. Ein Ziel zu setzen und dies Schritt für Schritt zu erreichen und auch die kleinen Erfolge auf dem Weg zu feiern! Ganz nach dem Motto: „Der Weg ist das Ziel“.



Ungutes Gefühl

Bei km 25 merkte ich ganz schnell, dass irgendetwas nicht stimmte. Zu früh fühlte ich mich müde und die Beine meldeten sich schon sehr stark. Dabei hatten wir sehr darauf geachtet von Anfang an langsam zu starten und in einem ruhigen Tempo zu laufen. Aber ich stellte schnell für mich fest: „Heute ist nicht mein Tag“. Nach 25km hatte ich noch nie so ein schlechtes Gefühl. Aber ich wollte es unbedingt schaffen und versuchte mich nicht in diese negative Spirale rein zu steigern, dass ich es nicht schaffen würde. Immer schön positiv bleiben und weiter geht’s.

Carsten und Kajetan waren sehr gut drauf und die Jungs haben alles aus mir rausgeholt und mich gepusht. Bis zum Verpflegungspunkt lief es dann doch ganz gut. Ich dachte mir: “Irgendwann muss doch der Punkt kommen, an dem nichts mehr weh tut“.

„Runner's High“ wo bist du? Irgendwie hoffte ich darauf, dass die versteckten Reserven mal langsam rauskommen könnten. Meine Beine waren einfach wie zwei Betonklötze.


Am Verpflegungsauto haben wir uns dann an Salzbrezeln, Obst und Cola erfreut und unsere Vorräte für die letzten 18km aufgefüllt. Die Pause war nicht lange, da wir nicht abkühlen wollten und man hier Gefahr läuft ganz schnell sehr steif zu werden.



Die letzten Anstiege und mein Runnershigh

Es folgte nochmal ein sehr steiler Anstieg in Rurberg. Ich war völlig am Ende. Zu der Zeit waren auch erstaunlich viele Wanderer unterwegs. Wirre, bewundernswerte und freundliche Blicke trafen mich. Ich versuchte weiterhin zu lächeln, mich auf mich zu konzentrieren und meinem Körper zu signalisieren, dass alles gut ist.

Ich schleppte mich die letzten Anstiege hoch. Auf ebener Strecke klappte das Laufen noch ganz gut, aber das wurde auch zunehmend schwerer.


Entlang der Urft ging es nach Vogelsang über die ehemalige NS-Ordensburg wieder Richtung Einruhr. Es war ein echt verrücktes Gefühl als ich sah, dass auf meiner Uhr 50km standen. Ich bin 50km gelaufen und hatte „nur“ noch 10km vor mir. „Die schaff ich jetzt auch noch! Egal ob laufend, wandernd oder kriechend“.



An dieser Stelle muss ich Carsten und Kajetan meinen größten Dank aussprechen. Die beiden haben mich mitgezogen und mich nicht alleine gelassen. Wir wollten unbedingt gemeinsam die 60km vollmachen!



Auf den letzten Kilometern war mir klar: „Junge du hast gleich die 60km vollgemacht“. Jetzt kann nichts mehr schiefgehen“. Gänsehaut pur und ein unglaubliches schönes Gefühl breitete sich aus. Hallo Runner's High!


Endspurt

Trotz des Gefühls, dass heute nicht mein Tag sei, habe ich es bis zum Ende durchgezogen, worauf ich echt stolz bin. Die eigenen Grenzen zu verschieben ist einfach immer wieder ein unbeschreibliches Gefühl.



Eine kleine Reise geht zu Ende

Der Lauf fühlte sich an wie eine kleine Reise. Kurz eingetaucht in eine andere Welt. Wir hatten Spaß, haben viel gelacht und es gab auch ruhige Momente, in denen wir nur gelaufen sind.

Beim Laufen dachte ich mir: „So eine scheiße machst du nie wieder“. Jetzt, wo ich alles Review passieren lasse, sage ich:“ Wann und wo soll das nächste Ultra-Abenteuer starten?“.

Ich bin dankbar für diesen Lauf und das wir uns auch in wirren Zeiten nicht davon abhalten lassen, über uns hinauszuwachsen, flexibel und lösungsorientiert zu sein. Man kann jammern, sich ärgern oder negativ sein, aber man kann das alles auch sein lassen. Wir haben das Beste aus der Situation gemacht.

Am Ende kamen wir auf 60km mit knapp 1900 Höhenmetern.



What’s next?

Diesen Lauf werde ich so schnell nicht vergessen und es ist bis dato meine längste Distanz gewesen. Jetzt heißt es erholen, gesund bleiben und schön fit halten.

Ich werde weiterhin auf den Trails unterwegs sein und einfach die Natur genießen. Für dieses Jahr ist nichts konkretes mehr geplant, aber man weiß ja nie, welche spontane Idee entstehen kann.

Bis dahin wünsche ich dir alles Gute und viel Gesundheit.

Bleib in Bewegung.

Dein

Hasret





*Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung.

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